Markus Thiele ist Rechtsanwalt und Schriftsteller, er kennt das Gerichtswesen mit all seinen Stärken und Schwächen. Seine Romane widmen sich den juristischen Grauzonen mit moralischer Brisanz und verwebt dabei Fiktion und Realität gekonnt miteinander. “Die Wahrheit der Dinge” von Markus Thiele spielt mit dem Gerechtigkeitssinn, Vorurteilen seiner Protagonisten, aber auch der Leser. Die Geschichte ist angelehnt an zwei reale Fälle (Marianne Bachmeier und Amadeu Antonio Kiowa) und diese werden hier perfekt in die fiktionale Welt verfremdet eingebracht und doch lassen sich die Parallen gut erkennen.
Was passiert, wenn ein Strafrichter überzeugt ist von der Unfehlbarkeit des Rechts und seine Urteile für das non plus ultra hält und plötzlich einige gekippt werden in der nächst höheren Instanz? Was passiert, wenn plötzlich ein Angeklagter im Gerichtssaal erschossen wird? Was passiert, wenn einem die eigene Famile plötzlich Vorurteile vorwirft?
Frank Petersen ist Strafrichter und das mit Leib und Seele. Er ist fest davon überzeugt, dass seine Urteile objektiv und gerecht sind. Er urteilt vorurteilsfrei und nur auf Grund der sorgfältig abgewägten Tatsachen, die ihm vorliegen.
Dann kommt es aber zum entscheidenen Bruch. Er spricht ein Urteil über einen Arzt und ihm wird Rassismus vorgeworfen und sogar die eigene Familie zieht sich komplett von ihm zurück.
Das war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Petersen stellt sich, seine Urteile und den Umgang mit seiner Familie in Frage, er nimmt Urlaub und stellt sich der Vergangenheit und dem Mord, der in seinem Gerichtssaal verübt wurde. Ein Fall, der ihn nie losgelassen hat, auch nicht nach vielen Jahren. Jetzt wird Corinna Maier entlassen und er will verstehen, warum sie gemordet hat.
Auf zwei Ebenen begleiten wir den Richter und Corinna Maier und erleben Rassismus, ein Urteil das viele Jahre zurückliegt und ein unfassbares menschliches Schicksal, das sich dahinter verbirgt.
Wir erfahren, warum Corinna Maier den Mörder Ihres Sohnes erschossen hat im Saal von Frank Petersen und wir erleben, wie sich ausgerechnet Petersen und Maier gegenseitig helfen.
Ich bin beindruckt vom Stil des Autors. Der Schreibstil ist flüssig und der Story angemessen. Die Aufteilung der Geschichte auf die Zeitebenen hat mir sehr gut gefallen.
Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Tatsache, wie unterschiedlich man einige Dinge betrachten kann und beide Seiten sind wahr und nachvollziehbar.
Auch wenn das Buch grundsätzlich der Unterhaltung dienen soll, so ist es doch kein angenehmes Buch zu lesen. Die Thematiken über unser Rechtssystem, Rassismus, Objektivität, Recht und Gerechtigkeit und das Angst kein guter Berater ist führt uns vor Augen, wie anfällig alles ist…
Für mich ist “Die Wahrheit der Dinge” von Markus Thiele ein großartiges Buch, das mich bewegt hat. Mir wurde ein Einblick in das Deutsche Rechtssystem gewährt bei dem ich dazu lernen konnte. Es hat mich dazu gebracht hat, auch meine Sicht auf Dinge zu hinterfragen. Wo hört hört Objektivität auf? Was ist Recht und Gerechtigkeit?
Ein Buch, bei dem mir die Besprechung sehr schwer fällt. So viele Gedanken, die einen nach dem Lesen noch umtreiben, so viele Dinge die einen beschäftigen im Anschluss…
Mir gelingt es nur einigermaßen die passenden Worte zu finden, aber ich hoffe ich konnte rüber bringen, wie besonders dieses Buch ist.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für alle die diese Thematik interessiert sind.
Wer neugierig ist, der kann hier einen Blick ins Buch werfen auf der Seite des Verlages.
Andere Meinungen:
MonerlS bunte Welt
Nicht ohne Buch
Buchinformationen:

(c) benevento
Wo verlaufen die Grenzen von Schuld und Gerechtigkeit?
Frank Petersen ist Strafrichter aus Leidenschaft. Er ist von der Unfehlbarkeit des Rechts und von der Kraft des Gesetzes überzeugt. Seine Urteile sind gerecht und objektiv.
Als er wegen eines umstrittenen Rechtsspruchs heftig in Kritik gerät, droht sein Leben aus den Fugen zu geraten. Seine Familie wendet sich von ihm ab. Seine Frau macht ihm, dem Mann des Gesetzes, den schlimmstmöglichen Vorwurf: Er sei selbstherrlich und lasse sich von Vorurteilen leiten.
Die Geschehnisse reißen ein altes Trauma auf. 1989 erschießt Corinna Maier den rechtsradikalen Mörder ihres Sohnes in Petersens Gerichtssaal, noch bevor ein Urteil verkündet werden konnte. Plötzlich sind all die Themen von damals wieder präsent: Vorurteile, Fremdenhass, Selbstjustiz und die Grenzen des Rechtsstaats.
(c) benevonto
Verlag: Benevento
Erscheinungsdatum: 22.04.21
Gebundene Ausgabe
240 Seiten
ISBN-10 : 371090093X
ISBN-13 : 978-3710900938
Auch als Hörbuch und EBook erhältlich
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Liebe Anja,
ich entnehme deine Begeisterung für das Buch aus deiner Rezension und stelle fest, wir surfen auf der gleichen Welle, was das Buch angeht! Ganz genau ging es mir auch!
Und es erschüttert mich, dass Richter eben auch Menschen sind, wenn du weißt, was ich damit sagen will. Die einen mehr, die anderen weniger. Und so hat mir Petersen viel besser gefallen, als Charakter und Rechtsprecher sowie in seiner Reflektion. Mit ihm könnte ich gut Freund werden. Sein Freund dagegen…
Danke fürs Verlinken, ich hole das bei mir gleich nach!
Liebste Grüße vom monerl
Hallo,
ich fand es unglaublich, wie unterschiedlich die Sichtweisen sein können bei ein und dem selben „Verbrechen“
Aber ich denke auch, dass die Rationalität und der Mut machen ihn zu einem guten Richter.
Über seinen Freund möchte ich gar nichts sagen…spiegelt aber wieder, was man als Ausstehender denkt, wenn man einige Urteile betrachtet.